einziges Kind des äthiopischen
Königs Kepheus und der Kassiopeia, sollte nach der griechischen
Mythologie geopfert werden, um die Hybris ihrer Mutter zu sühnen.
Andere Quellen berichten, wegen ihrer eigenen Überheblichkeit: Sie
habe sich gerühmt, schöner als die Nereiden, die etwa fünfzig
Töchter des Meergottes Nereus und der Ozeanidin Doris, zu sein. Dazu
wurde sie auf Geheiß Poseidons, vielleicht auch des Orakels von
Ammoneon, an einen Felsen gekettet und dem Seeungeheuer Ketos
dargeboten, dort jedoch von Perseus entdeckt, der für ihre Rettung
ein Eheversprechen mit ihren Eltern aushandelte. Mit dem Haupt der
Medusa in der Hand besiegte Perseus das Ketos und ehelichte
Andromeda.
Der
mit dem frühen Christentum verwandte Opfermythos, dort musste der
Sohn für den Vater sterben, fand künstlerische Adaption und
Rezeptionsvarianten bis heute. Vom griechisch-römischen Astronomen
Claudius Ptolemäus wurden achtundvierzig klassische Sternbilder der
Antike beschrieben, darunter das Sternbild Andromeda am nördlichen
Nachthimmel, gemeinhin verdeutlicht durch bildliche Darstellung aller
an der Sage Beteiligten. In ihm kann mit bloßem Auge der zweieinhalb
Millionen Lichtjahre entfernte Andromedanebel gesichtet werden.
Es
scheint deshalb gar nicht so abwegig zu sein, in heutiger Zeit eine
Segelyacht mit den Eigenschaften eines „Fliegenden Holländers“
auf den Namen Andromeda zu taufen. Diese Yacht vom Typ Bavaria C50
hatte nämlich für die ihr zugeschriebene Aufgabe, die Sprengung der
Nord-Stream-Pipelines, märchenhafte Eigenschaften entfaltet: Ihre
Tragfähigkeit konnte sich vervielfachen, so dass sie befähigt war,
rund 12 Tonnen des Sprengstoffs C4 zu laden (hochgerechnet nach den
seismographischen Aufzeichnungen der Anrainerstaaten vom 26.
September 2022) samt der benötigten Zündeinrichtungen, des
Tauchmischgases, der Dekompressionskammer, des Sonars, des dazu
geeigneten Ankergeschirrs, des Hebekrans und der Arbeitsplattform und
alles, wie durch einen dichten Nebel verhüllt, von behördlicher
Schiffsüberwachung unbemerkt und außerhalb des legalen
Sprengstoffhandels. In geheimer Mission besuchte die Andromeda das
Seegebiet nahe Bornholm, in dem kurz zuvor die Schiffe der
amerikanischen Marine mit abgeschalteten Transpondern kreuzten, ganz
abgesehen von denen der an der 51. Baltrops-Übung vom 5. bis zum 17.
Juni 2022 beteiligten vierzehn NATO-Länder und der
Beitrittskandidaten Finnland und Schweden.
Und
um das Seemannsgarn fachmännisch zu verzwirnen, wurde die Yacht nach
den Terroranschlägen auf die europäische Energieinfrastruktur und
nach der damit einhergegangenen, niemals zuvor in diesem Ausmaß
gemessenen Umweltschädigung durch freigesetztes Methan, gerade als
der mehrfach preisgekrönte US-amerikanische investigative Journalist
Seymour Hersh mögliche Täter durch logische Folgerungen in den
öffentlichen Fokus gerückt hatte, mit C4-Sprengstoffspuren und
einem ukrainischen Pass an Bord gefunden.
Welch
ein Fahndungserfolg jetzt nach drei Jahren, als der Ukrainer während
seines Italienurlaubs dingfest gemacht werden konnte! Er hatte sich
mit seinem bürgerlichen Namen in einem Hotel in Rimini eingebucht.
Der ermittelnde Bundesanwalt muss sich bei der Jungfrauengeburt 2.0
richtig wohl in seiner Haut fühlen.
3.
September 2025
©
Karl Hackelbusch